Friedrich-Karl Tiesler
Vorstand des Landesverbandes Hannoverscher Imker e.V. besucht die Inselbelegstelle Spiekeroog
Bei strahlendem Sonnenschein besuchte am 21. Juni 2023 der Vorstand des Landesverbandes Hannoverscher Imker e.V. die Belegstelle auf der Insel Spiekeroog vor der friesischen Nordseeküste, die dem Züchterring „Aller-Wümme“, dem größten Züchterring im Landesverband gehört und zu den am stärksten beschickten Inseln zählt.
Von den insgesamt 17 Inselbelegstellen in Deutschland liegen 8 vor der niedersächsischen Nordseeküste. Vier Inselbelegstellen (Langeoog, Wangerooge, Norderney und Juist) werden vom Landesverband der Imker Weser-Ems betrieben, zwei Inselbelegstellen (Spiekeroog und Neuwerk) befinden sich im Zuständigkeitsbereich des Landesverbandes Hannoverscher Imker , eine Inselbelegstelle (Borkum) wird von Mitgliedern des Landesverbands Westfälischer und Lippischer Imker betrieben, eine Inselbelegstelle (Baltrum) vom Landesverband niedersächsischer Buckfastimker.
Die erste Inselbelegstelle wurde bereits im Jahr 1923 von dem Imkermeister Heeren auf Borkum errichtet – damals zur Zucht der Italienerbiene, ging aber bald aus finanziellen Gründen ein. Wangerooge wurde bereits 1927 von dem Schuster Erdwien in Betrieb genommen. Während der Reichsfachgruppe Imker in den dreißiger und vierziger Jahren entstanden weitere Belegstellen auf den Inseln Spiekeroog, Langeoog und Juist. Den damaligen Vorstellungen entsprechend dienten die Belegstellen der Zucht der Dunklen Biene (Zuchtstamm Nigra), lediglich auf Spiekeroog wurde die Sklenarbiene gehalten. Seinerzeit war es eine strenge Vorschrift, auf den Belegstellen nur ein Drohnenvolk aufzustellen. Entsprechend niedrig lagen die Begattungsergebnisse, besonders bei den stark beschickten Inseln sanken sie unter 30 %. Die Verluste wurden dem Verdriften der Königinnen durch Winde oder dem Fraß durch Vögel zugeschrieben. Viele der begatteten Königininnen hielten auch nicht lange durch und erreichten nicht einmal das erste Leistungsjahr. Erst mit dem wissenschaftlichen Nachweis der Mehrfachpaarung durch die Brüder Ruttner im Jahr 1954 und der daraus resultierenden Praxis, mehrere Drohnenvölker einzusetzen, nahmen die Begattungsergebnisse zu. Heute werden auf den ostfriesischen Inselbelegstellen – je nach Beschickung – zwischen 15 und 40 Drohnenvölker gehalten. Die Begattungsergebnisse liegen zwischen 75 % und 80 % und die Königinnen erreichen meist sogar das zweite und in Ausnahmefällen das dritte Leistungsjahr. Die Inselbelegstellen bilden somit das Kernstück in der deutschen Zuchtarbeit. Sie werden nicht nur aus Niedersachsen sondern auch aus den angrenzenden EU-Ländern beschickt. Jährlich laufen in Deutschland 14.900 Königinnen über Inselbelegstellen, davon allein 12.400 über die in den Verbänden Hannover und Weser-Ems betriebenen (nur Carnica).
Bereits mit der Einrichtung der ersten Inselbelegstelle auf Borkum wurde mit der Emder Polizeiverordnung vom 2.7.1925 die Insel Borkum unter Schutz gestellt, die es untersagte, außer für Belegstellenzwecke Bienen auf der Insel zu halten. Mit Errichtung der weiteren Inselbelegstellen wurden auch diese durch Polizeiverordnungen der Landkreise unter Schutz gestellt. Am 10. Januar 1953 trat das niedersächsische Gesetz zur Regelung der Bienenwanderung und zum Schutz der Belegstellen in Kraft, mit dem die Haltung von Bienen – außer zu Zuchtzwecken – auf allen Inseln untersagt wurde. 1972 wurde die Zuständigkeit auf die Landkreise übertragen.
Die Belegstellen befinden sich auf angepachteten Flächen des Domänenrent und -bau amtes/Norden heute Domänenamt, des OOWV (Oldenburgischen ostfriesischen Wasserverbandes) beziehungsweise der Gemeinde Norderney. Mit der Gründung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer fielen die meisten Belegstellen in das Schutzgebiet. Zumindest in der ersten Fassung von 1985 des Gesetzes über den Nationalpark sind die Belegstellen aufgeführt.
Nachdem über die Kriegsjahre der Betrieb auf der Inselbelegstelle Spiekeroog eingestellt war, erfolgte 1960 durch den weit über die Grenzen Niedersachsens hinaus bekannten Züchter Erich Hoffmann Jarlingen/Walsrode mit Unterstützung des damaligen Verbandsvorsitzenden von Hannover, Fritz Holtermann eine Neugründung. Da sich der Inselarzt, übrigens der Großvater von Prof. Dr. Günter Pritsch/Hohen Neuendorf Bienen zugelegt hatte, mussten über etliche Jahre seine Völker während der Belegstellensaison aufs Festland verbracht werden.
1972 übergab Erich Hoffmann die Belegstellenleitung an Werner Meyer/Essel, der bereits ein Jahr zuvor die Leitung des Züchterringes „Aller-Wümme“ übernommen hatte. Dank seiner Initiative wurde die Belegstelle weiter ausgebaut. Es wurden Sammeltransporte eingerichtet und nicht zuletzt wegen der Qualität der Drohnenvölker (jeweils 18-20 Völker der Carnica-Troiseklinie Hoffmann) gehörte Spiekeroog bald zu den am stärksten beschickten Inselbelegstellen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Belegstelle während der ganzen Saison über an allen Wochentagen beschickt werden kann. Die Belegstelle ist in dieser Zeit ständig besetzt und telefonisch erreichbar. Die Arbeit teilen sich über die Saison drei Familien aus dem Züchterring. Nach dem Tod von Werner Meyer im Jahre 1993 übernahmen Aribert Prill und Reinhard Andritschke (beide Springe) mit großem Engagement die Leitung der im Besitz des Züchterringes befindlichen Belegstelle.
Der Vorstand des Landesverbands Hannoverscher Imker e.V. konnte sich vor Ort von der beispielhaften Arbeit auf der Belegstelle überzeugen. Die Drohnenvölker befanden sich in einem hervorragenden Zustand, hatten Dank ständiger Fütterung ausreichend Drohnen und zeigten beste Eigenschaften. Dank einer im Juli einsetzenden Tracht aus Strandflieder sind, anders als auf dem Festland, Drohnen bis weit in den September hinein in den Völkern vorhanden. Die Drohnenvölker werden auf der Insel überwintert. Ein Drohnensammelplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe. Am Brausen der Drohnen in der Luft ist dieses bei gutem Wetter leicht wahrnehmbar. Im Jahr 2022 wurden auf der Insel 2824 Königinnen angeliefert. In diesem Jahr dürfte auch diese Zahl noch übertroffen werden.
Der Vorstand des Landesverbandes dankte den Betreibern für Ihre engagierte Arbeit zum Nutzen der gesamten Imkerschaft.
Friedrich-Karl Tiesler
Zuchtobmann des Landesverbands Hannoverscher Imker e.V.
Foto (LV): Vorstand, Mitarbeiterinnen und Gäste des Landesverbandes Hannoverscher Imker e.V. mit dem Belegstellenleiter Herrn Reinhard Andritschke